Mit schwereloser Eleganz am Gaumen
Die Trauben für den „Herrenstück“, klein- und lockerbeerige, hocharomatische Dijon-Klone, stammen aus der gleichnamigen Großlage, auf deren Vulkanböden mit Löss-Lehm-Auflage Holger Koch vor Jahren schon seine burgundischen Pinot-Noir-Stöcke gepflanzt hat. 2022 war allerdings ein turbulenter Weinjahrgang, der es vielen Winzern schwer machte. Die Hitze war nach dem kühlen Vorgängerjahr wieder zurück in den Weingärten. Doch die einst belächelte Entscheidung, die schwierig zu bearbeitenden Terrassen für die Spätburgunder zur wählen, macht sich in solchen Jahren besonders bezahlt. Dazu kommen die ertragsarmen Klone aus der französischen Hochburg des Pinot Noirs, die sich auch unter Stress bewähren. Denn leicht ist es auch in der „alten Heimat“ Burgund in den letzten Jahren keineswegs mehr, die Sorte in gleichbleibender Qualität in den Keller zu bringen. Holger Koch hat aber seinen Weg gefunden, das unterstreicht auch dieser Jahrgang von seiner Paradelage „Herrenstück“. Schon die Nase hat ihr Vergnügen an diesem Jahrgang: Wo hört die Erdbeere auf, wo fängt die Kirsche an?
Allein, dass man sich solche Fragen stellt, zeigt die feine Art dieses Burgunders. Und bei geschlossenen Augen ist man gar nicht mehr sicher, ob die Aromen einem roten oder weißen Wein anhaften. Denn die leichte Reduktion im Duftbild, schwarzer Sesam und eine merkliche Säure, dazu ein Alzerl Holzbirne könnten auch einem Chardonnay aus Mâcon gehören. Die feine Klinge dieses 2022ers wird auch beim Geschmack geführt. Fast schwerelos wirkt das „Herrenstück“, wenn man es länger als 30 Sekunden auf der Zunge belässt, ohne zu schlucken. Dieser Test der Textur zeigt, in welch elegantem Umfeld man sich mit diesem Pinot Noir bewegt. Er ginge jederzeit mühelos als Saint-Aubin Premier Cru durch, um noch einen Frankreich-Vergleich zu bemühen. Doch eigentlich braucht es den nicht, das ist „Kaiserstuhl’s finest“: Denn die fein-säuerlichen Fruchtnoten von Schattenmorelle und Granatapfel sind der Stoff, von dem Burgunder-Freunde träumen. Und sie entfalten sich noch besser, wenn man Holger Kochs „Herrenstück“ karaffiert. Zumindest dann, wenn man ihm nicht noch ein wenig Reife im Keller angedeihen lassen will. Doch wir verstehen die Ungeduld bei diesem grandiosen 2022er …!
Ab sofort bis 2032.
2022 war am Kaiserstuhl für den Spätburgunder wie geschaffen: Reife und Tiefgang lassen Holger Kochs „Herrenstück“ alle Register der Sorte ziehen.