Ott
Ried Stein Engabrunner Grüner Veltliner 1. Lage 2023

17,5/20 – Jancis Robinson

Oftmals gehen Weinbaugebiete fließend ineinander über und man bemerkt die Grenzen gar nicht. Beim Wagram und dem benachbarten Kamptal ist das so. Die meisten Weinberge hat Bernhard Ott im heimischen Feuersbrunn im Wagram, doch dieser Grüne Veltliner stammt aus der Riede Stein im Kamptaler Engabrunn. Was man im Oberboden kaum sieht, ist tief unten bemerkenswert und unterscheidet sich dann doch von den Wagramer Lagen. In der Riede Stein gibt es neben dem typischen Lössuntergrund auch Kies, der vor Tausenden von Jahren von einem Nebenarm der Donau abgelagert wurde, sowie den dort äußerst selten anzutreffenden Gföhler Gneis. Die Reben, die in diesem Boden wurzeln, wurden 1957 gepflanzt und bringen einen Saft von hervorragender Qualität hervor. Das gilt nicht zuletzt für den Jahrgang 2023, der insgesamt Weine mit wunderschöner reifer Säure und zartem Schmelz hervorgebracht hat. Seit einigen Jahren werden die ganzen Trauben in Korbpressen sehr langsam gepresst. Das hat viele Vorteile, denn durch die damit einhergehende kurzfristige Mostoxidation sind die Weine später viel stabiler bei minimaler Schwefelung. Außerdem behält der Saft mehr Säure als der aus Horizontalpressen, die heute Standard sind.

Der „Stein“ präsentiert sich als frischer und saftiger Grüner Veltliner, der helle Frucht mit Wollwachs-, Kräuter- und Gesteinsnoten verbindet. Man hat das Gefühl, ein wenig Salzzitrone auf nassem, mit Flechten überzogenem Stein im Glas zu haben. Gleichzeitig findet sich eine cremige, sinnliche Komponente sowie ein Hauch von Mandel und Sesam. Am Gaumen setzt sich das fort: eine sinnlich-cremige Textur kombiniert sich mit druckvoller Säure, Mineralität und Salzigkeit. So ist hier ein spannungsreicher, intensiver, gleichzeitig reifer und frischer Grüner Veltliner entstanden.