Tement
Ried Zieregg „XT“ Sauvignon Blanc Große STK Lage 2018

97/100 – Falstaff

Wenn viele Parameter, die die Qualität eines Weines beeinflussen, bereits ausgereizt sind, kommt der Faktor Zeit ins Spiel – ein enorm wichtiger, allerdings oft aus unterschiedlichen Gründen recht wenig berücksichtigter Faktor. Denn natürlich ist es oft erst einmal eine finanzielle Frage, ob man einen eigentlich fertigen Wein, den man verkaufen könnte, noch weiter lagert. Das ist zwar reine Betriebswirtschaft, aber die gilt mit ihren Grundsätzen eben genauso bei Weingütern, bei denen – wie bei jedem anderen Betrieb ¬– eben Geld in die Kassen kommen muss, um laufende Kosten zu decken, um zu investieren. Und Wein, der einfach irgendwo lagert, kostet nur, der bringt erst einmal gar nichts ein. Dann ist es natürlich auch noch eine Frage der Lagerkapazitäten – wohin mit all den Fässern und Flaschen, die jahrelang darauf warten, in den Verkauf zu kommen? Man muss also schon unglaublich fanatisch auf der Suche nach maximaler Qualität sein, wenn man einen Wein wie den Ried Zieregg „XT“ 78 Monate im Fass reifen lässt. Bei der Familie Tement sind wir ja durchaus lange Reifephasen gewohnt, so um die drei Jahre gehören bei den Topweinen fast zum Standard – bereits das ist weltweit äußerst selten. Aber sechseinhalb Jahre wie beim „XT“ sind dann doch noch einmal eine ganz andere Dimension. Aber gut: Bei der Familie geht es um maximalen Terroirausdruck, um maximal Qualität. Und natürlich brauchen wirklich große Weine – genau darüber reden wir hier und zwar auf internationaler Ebene – Zeit, um sich zu entfalten und zu zeigen. Und deshalb machen sie bei Tement eben den „XT“, das Kürzel steht übrigens für „Extra Time – Extra Terroir – Extra Tement“, wie die Familie selbstbewusst vermerkt. Die Trauben für den Wein stammen aus dem legendären Ried Zieregg, die Rebstöcke sind im Schnitt etwa 40 Jahre alt und wachsen auf einer Höhe zwischen 360 und 475 Metern, der Boden ist von Korallenkalk, Braunerde und Kalkverwitterungsgestein geprägt. Der Hang ist mit 40 bis 50 Prozent stark geneigt, die Parzellen sind gen Süden ausgerichtet. Hier kommt viel Sonne hin, die Winde haben aber ebenfalls freie Bahn. Nach der Handlese und der schonenden Pressung erfolgt eine Spontanvergärung, später die 78-monatige Reife auf der Feinhefe im großen Holzfass. Der Wein duftet nach Zitronengras, Limettenabrieb, Minze und roter Grapefruit, dahinter zeigt sich auch schwarze Johannisbeere, später Gesteinsmehl und Feuerstein. Das wirkt kompakt und vielschichtig. Am Gaumen dann ein immenser Schub, das ist aber keine brutale, sondern eine wunderbar kontrollierte Kraft, die Säure schiebt, der grip ist immens, Zitrusfrüchte entfalten sich, dazu rollt Cassis an, vor allem aber ist da eine umfassende, massiv tragende Mineralität. Bei aller Power ist der „XT“ herrlich ausgeruht und auf lässige Art entspannt – ein gigantischer Wein mit spektakulärer Zukunft!