Antoniolo
„Antoniolo“ Gattinara DOCG Riserva, rosso 2020

Wer an Gattinara denkt, der hat auch schnell den Namen „Antoniolo“ im Kopf. Denn die Società agricola Antoniolo wird im Allgemeinen als „das“ Referenzgut in Gattinara, der bekanntesten Appellation des Alto Piemonte, angesehen. Es wird seit langer Zeit vom Geschwisterpaar Alberto Antoniolo und Lorella Zoppis Antoniolo geführt, ist aber bereits im Jahr 1948 entstanden. Für den Großvater der beiden, Mario Antoniolo, war das damals mehr als ein Wagnis. Die Reblauskatastrophe und zwei Weltkriege hatten das Land völlig verändert. Es war die Zeit, als die große Landflucht einsetzte und Städte wie Turin und Mailand mit Jobs im Handel und in der Industrie lockten. Weinbau und Landwirtschaft wollte im Alto Piemonte kaum noch jemand betreiben. Und so wurde die einstige Hochburg des Nebbiolo, Gattinara, mit 120 Hektar zu einer der kleinsten DOCGs ganz Italiens. Doch Rosanna, Marios Tochter, die in den 1970ern das Weingut der Familie weiterführte, wusste um das Potenzial ihrer Heimat und machte es über die Grenzen des Piemonts hinaus bekannt. Mittlerweile gilt das Alto Piemonte als die Zukunft des Nebbiolo, und namhafte Winzer kaufen sich ein. Die Klimaerwärmung spielt der auf 300 bis 500 Metern Höhe gelegenen und vom Norden durch die Alpen windgeschützten Appellation in die Hände, während es in der Langhe in manchen Lagen schon sehr heiß werden kann. In Gattinara reift der Nebbiolo auf feinen, säuerlichen Böden aus Vulkanverwitterungsgestein und Sand und hebt sich von den im Süden deutlich schwereren, durch Kalk- und Kreideböden geprägten Lagen ab. Ein idealtypischer Nebbiolo aus Gattinara gerät fein, zudem schlank und zeigt schon in der Jugend Anklänge an größere und große Pinots. Das macht den Gattinara-Nebbiolo für viele enorm attraktiv! Im Weingut Antoniolo arbeitet man seit 1995 aufmerksam im Weinberg, verzichtet seit dieser Zeit auf systemische Spritzmittel und setzt im Keller auf einen nachhaltigen Ausbau auf der Feinhefe. So werden bei Antoniolo die Gattinara-Weine mittlerweile allesamt als „Riserva“ ausgebaut und reifen 36 Monate im Holz.

Die klassische „Riserva“ gilt als die Essenz dessen, was hier erzeugt wird, und ist das, was der lagenübergreifende Barolo in der Langhe darstellt: die eigentliche Visitenkarte des Hauses. Der Wein stammt von 50- bis 60-jährigen Reben, die in vulkanischem Verwitterungsboden mit südlicher bis südwestlicher Ausrichtung wurzeln. Die Trauben werden hier für 18 Tage im Zementtank vergoren. Nach dem klassischen 36-monatigen Ausbau in Fässern aus slawonischer und französischer Eiche von 25 bis 35 Hektolitern Fassungsvermögen reift die Riserva noch ein weiteres Jahr im kühlen Keller des Weinguts auf der Flasche. Das Ergebnis ist ein hochfiligraner Nebbiolo, dessen Brillanz unmittelbar klar wird, sobald man das Glas zur Nase führt.

Der aktuelle Wein ist der 2020er, der, so Lorella Zoppis, aus einem Jahrgang ganz nach ihrem Geschmack stammt: „Gleichermaßen sehr gut in Qualität und Quantität, das ist wirklich sehr ungewöhnlich.“ Qualitativ sieht sie ihn auf Augenhöhe mit dem exzellenten 2018er-Jahrgang und sie geht davon aus, dass er sich ähnlich hervorragend weiterentwickelt. Schon im Duft ist der „Antoniolo“ ganz bei sich und zeigt alle Vorzüge, die diese abseits und hoch gelegene Region so einzigartig macht. Die „Riserva“ erinnert an Sauerkirschen und Kirschkerne, einige Schlehen, aber auch einige Süßkirschen und Himbeeren. Dazu kommen Noten von Heckenkirschen, Chinotto, Unterholz und Laub, Assam und Tabak, fluffigem Kuchenboden und einem hochklassigen Holz mit feiner Röstung sowie einer ätherischen Kopfnote mit Menthol. All das wirkt delikat, wird aber vom Mundgefühl noch getoppt. Da schafft die Riserva den Spagat zwischen Eleganz, Kraft, Substanz und kühler Frische. Es ist ein stimmiger Wein, der seidig wirkt und trotzdem über ein markantes Maß an mittelkörnigem Tannin verfügt. Der Nebbiolo besitzt eine klare, frische Säurestruktur und gleichzeitig eine warme, dunkle Frucht, die unterlegt ist von den genannten Aromen des Waldes mit Unterholz und Laub, mit feinem Holz und einer Spur Vanille. Ein famoser „Gattinara“!