Bruno Giacosa
Dolcetto d’Alba, rosso 2024

Natürlich ist der Dolcetto seit jeher der vino della casa des Piemont – bodenständig, ehrlich, unkompliziert. Ein Wein für den Alltag, das Brot am Abend, die dampfende Schüssel Pasta, die Gespräche im Kreis der Familie. Doch beim Spitzenweingut Bruno Giacosa wird aus dieser Selbstverständlichkeit etwas wirklich Großes: Wie ein funkelnder Edelstein im Abendlicht leuchtet der 2024er purpurrot im Glas. Die Nase ist frisch, klar und voller Energie: rote Sauerkirschen und rote Johannisbeeren, knackige Pflaumen, dazu feine Anklänge an Veilchen. Ein Duft, so einladend wie ein Sommermorgen im piemontesischen Hügelland. Der Ausbau im Edelstahl bewahrt die Primärfrucht, die Knackigkeit, die Unmittelbarkeit. Am Gaumen tanzt der Wein: saftig, leichtfüßig, von einer Frische getragen, die den nächsten Schluck beinahe vorprogrammiert. Die Tannine sind schmeichelhaft mild, doch geben genau jene Struktur, die der Wein braucht. Der Abgang – klar, fruchtgeprägt, von subtiler Würze getragen – hallt nach wie eine Melodie, die man noch lange im Gedächtnis behält. Und dann die Herkunft: Falletto di Serralunga, eine Lage, deren Name sonst in einem Atemzug mit bestem Barolo genannt wird. Hier darf der Dolcetto neben stolzen Nebbiolo-Reben wurzeln – und wächst über sich hinaus. Die Böden geben ihm Spannung, Tiefe, Eleganz. Er bleibt Dolcetto, ja, aber ein Dolcetto von seltener Würde, ein Wein, der sich seiner Tradition bewusst ist und doch nach Höherem greift. So ist Giacosas Dolcetto beides zugleich: der unkomplizierte Freund, der sich mit Pizza Margherita und Tagliatelle al ragù blendend versteht – und der stille Aristokrat, der Kennern zeigt, wie ernsthaft und schön ein „Hauswein“ sein kann, wenn er mit solcher Hingabe und Meisterschaft gekeltert wird.