Clos Saint-Jean
Châteauneuf du Pape, rouge 2023

92/100 – Vinous

Im Vorjahr gelang den Brüdern Vincent und Pascal Maurel mit ihrem Châteauneuf-du-Pape ein wahres Wunder an intensiver Fruchtaromatik, in der, trotz der mächtigen 16 Vol.-% Alkohol, die lebendige Frische verblüffte. Bei ihrem 2023er-Jahrgang reproduzieren sie nun dasselbe Kunststück, allerdings mit Röstaromen. Der Wein bleibt unverändert hochprozentig, ist aber von einer tänzerischen Leichtigkeit und einer wunderbaren Geschmeidigkeit erfüllt. Die aromatische Reise, auf die uns diese grandiose Cuvée mitnimmt, beginnt in der berühmten Lage „Le Crau“, der höchsten Parzelle des Weinguts mit uralten, teils über 120 Jahre zählenden Grenache-Reben. Von dort stammt der Großteil der Trauben für diese aufregende Assemblage, in welcher der betagte Grenache mit 75 % Anteil die Hauptakzente setzt. Die Arbeit in den Weinbergen erfolgt naturnah. Nach der selektiven Handlese werde die Trauben entrappt und seit 2022 ausschließlich spontan vergoren. Die Gärung erfolgt für den Grenache bis zu 35 Tage in Betontanks. Mourvèdre und Syrah reifen in großen Holzfässern. Danach reift der Grenache für neun Monate im Beton weiter, die anderen Rebsorten wandern für die gleiche Zeit in einen Mix aus gebrauchten und neuen Barriques.

Der Wein gleitet wie ein dicker Samtteppich ins Glas, läuft ölig in Zeitlupen über die Wand und breitet sich dann in dunklem Schwarzrot aus. Das Bouquet ist geradezu fühlbar dicht und geprägt von einem wahren Potpourri der Röstaromen: frisch gemahlener Kaffee und dunkle Schokolade, dazu ein Hauch von Nori-Alge und Austernschale, außerdem Tabak, schwarzer Tee und Darjeeling. Im Hintergrund formieren sich rote und schwarze Früchte, Beeren und Kirschen mit Hibiskus und Cranberry – ein enorm komplexes Bild. Am Gaumen dann ganz ähnlich und die Frage schon beim ersten Schluck: Wie können so dichte Röstaromen so leicht und frisch schmecken? Weich, leicht und elegant verbreiten sich da Kaffee, Schokolade, Roggenbrot und Gewürze und verschmelzen auf der Zunge mit Garum und Schokoladen-Biscotti mit etwas Fleur de Sel. Die Früchte sind auch geschmacklich im Hintergrund aktiv und sorgen für Frischekicks und Lebendigkeit, lassen Gedanken an die hohe „Umdrehungszahl“ gar nicht erst zu. Für dieses aromatische Abenteuer sollten sie sich Zeit für bewussten Genuss nehmen, denn zum nebenbei wegsüffeln ist dieses Weinerlebnis einfach zu schade. Ein Wein also, den man ganz herrlich in seiner jugendlich-charmanten Frucht- plus Röstaromenwunder-Phase genießen kann, der aber noch leicht anderthalb Jahrzehnte vor sich hat, die man genüsslich feiern sollte. Wir empfehlen daher dringend eine entsprechend vorausplanende Bevorratung!