Ogier
Côte Rôtie „Mes Grands Lieux” (Late Release), rouge 2015

Mit diesem Wein sind sie eventuell ganz am Anfang des Aufstiegs eines neuen Kultweins dabei – denn dafür hat dieses spannende Projekt von Stéphane Ogier auf jeden Fall das Zeug! In der Lagen-Cuvée „Mes Grands Lieux“ (übersetzt so viel wie „meine Lieblingsplätze“ oder „meine großen Lagen“) lebt Stéphane seinen Hang zur Mikrovinifikation exzessiv aus und komponiert meisterlich diesen edlen Mix aus elf seiner besten Parzellen. Jede davon wird zunächst separat von Hand gelesen und individuell temperaturkontrolliert ausgebaut bevor dann daraus der Blend assembliert wird. Dieser lagert dann für zehn Jahre in den Kellern des Weinguts, bevor er dann als late release in den Verkauf kommt. Seit 2015 wird dieser aufwendige Prozess jedes Jahr für den „Mes Grands Lieux“ durchlaufen und die fertigen Weine, jedes Jahr rund 10.000 Flaschen, im klimatisierten Lager geparkt. Dieser hier ist der erste, der auf den Markt kommt und von jetzt an, soll jedes Jahr ein neuer zehn Jahre gereifter folgen. Der erste Aufschlag ist jedenfalls ein Meisterwerk – so viel sei jetzt schon einmal verraten.

Das Jahr 2015 war ein absoluter Ausnahmejahrgang an der nördlichen Rhône. Ein milder Frühling ließ die Reben vital starten, es folgte ein heißer, trockener Sommer, der die Trauben optimal reifen ließ. Gewitter im August sorgten für Frische, die Ernte war üppig und perfekt ausgereift. Besser geht es klimatisch kaum. Aus diesen Bedingungen resultieren Weine, die zugleich samtig und ausdrucksstark sind, voller Spannung und vor allem mit der nötigen Frische – ein zu Recht heißbegehrter und langsam rar werdender Jahrgang. Stéphane Ogier erschafft hier einen einzigartigen Genussabdruck der Region und jongliert die subtilen Aromenunterschiede seiner Lieblingsparzellen mit sicherer Meisterhand. In diesem Wein findet einfach alles aufs Beste zusammen: Die konzentrierte Handarbeit im Weingarten, das präzise und perfektionistische Tun im Keller und die unterschiedlichen Charaktere der Böden.

Im Glas zeigt sich der Wein in leicht opakem Dunkelrot, durchzogen von goldenen und kaminroten Reflexen. Die Nase gleicht einem Spaziergang durch einen orientalischen Beeren- und Gewürzgarten. Aromen von Blauer Stachelbeere, Cassis, Heidelbeere, Berberitze, Zwetschge und Maulbeere verflechten sich mit Noten von gerösteter Erdnuss, schwarzem Kümmel, Ajowan und Nelke. Sehr dicht und tiefgründig duftet das, behält aber immer eine wunderbar lockende Frische. Am Gaumen zeigt er sich voller Eleganz und Komplexität. Erst sprechen die dunklen Früchte, frisch, reif und dicht und sie bringen noch Himbeeren und Schattenmorellen mit. Dann melden sich die Gewürze und haben noch ein paar Kräuter dabei: Zitronenthymian und Rosmarin. Zusammen ergibt das kein chaotisches Aromen-Durcheinander, denn alles bleibt fein, zartgliedrig, raffiniert mit einer herrlichen Säurefinesse und einer fast kühlen Mineralität. Im schier unendlich langen und sinnlichen Nachhall gibt es zu jeder aromatischen Note nochmals ein Echo, zudem finden sich noch schwarze Oliven und eine feine Salzigkeit. Ein wunderbarer Tropfen, in den man schwelgerisch eintauchen kann und den man mit Zeit und Muße genießen sollte. Sehr spannend, wenn sie sich für die Weinwonne ein paar Tage gönnen und immer wieder neuen Aromen nachspüren – ein großes Weinerlebnis!