Thienpont
„La Marotte – Cuvée de Manu“ Côtes de Bordeaux, rouge 2022

In letzter Zeit wurde in Fachmagazinen nicht wenig über die Krise im legendären Weinbaugebiet Bordeaux geschrieben. Viele Güter haben dort massiv zu kämpfen und zwar an beiden Seiten der Qualitäts- und Preisspanne. Wenn man das liest, wundert man sich manchmal, vor allem, wenn man einen so wunderbaren Tropfen wie den „La Marotte – Cuvée de Manu“ der Familie Thienpont im Glas hat. Ein Wein, der für das steht, was das legendäre Gebiet so auszeichnet: exzellente Qualität zu bezahlbaren Tarifen. Kein Chichi, aber auch kein strikter Sparkurs – alles wunderbar balanciert, so wie man sich einen Rotwein aus dem Süden wünscht. Und klar, ein wenig Power darf er ebenfalls haben, aber bitte nicht übertreiben. Dieses Maßhalten ist in Zeiten der beliebten Hyperventilation nicht leicht. Die Familie Thienpont hat freilich viel zu viel gesehen – und, das gehört zur Wahrheit dazu: auch besessen – als dass sie Moden und Strömungen übermäßig beeinflussten. Nur zur Erinnerung: Der Name der Familie ist eng mit absoluten Topgütern aus Pomerol, namentlich „Vieux Château Certan“ und „Le Pin“ verknüpft und ebenso eng mit einem erfolgreichen Weinhandel. Der „La Marotte – Cuvée de Manu“ ist deshalb eher so etwas wie eine kleine Fingerübung für die Söhne von Dominique Thienpont, der das von Ton und Kalk dominierte Terroir und die dort vorhandenen sehr alten Merlot-Stöcke entdeckte. Und klar, Merlot natürlich, die Rebsorte, die auch auf „Vieux Château Certan“ und „Le Pin“ den Ton angibt. Man könnte also mit Fug und Recht sagen, dass in der Familie da eine gewisse Kompetenz vorhanden ist – auch wenn wir mit „La Marotte – Cuvée de Manu“ natürlich in einer ganz anderen Liga spielen. Einer, die uns aber durchaus sympathisch ist. Nur zur Einordnung: „Le Pin“ ist in ein ordentlich vierstelliges Preisniveau abgehoben – mit anderen Worten: Für eine Zwölferkiste (die man wohl kaum bekommt) kann man einen ordentlichen gebrauchten 911er-Porsche kaufen. Aber „Le Pin“-Trinker müssen sich wahrscheinlich nicht zwischen den beiden Luxusgütern entscheiden – das behaupten wir mal, ganz ohne Marktforschung. Aber zurück zu unserem sympathischen, biologisch erzeugten „La Marotte – Cuvée de Manu“, der nach reifer, roter Frucht duftet, Pflaume, Zwetschge, Brombeere, schwarze Kirsche, dahinter feurige Gewürze. Am Gaumen dann kräftige Gerbstoffe, das ist ein zupackend fester Auftritt, wieder sind da rote Früchte, dazu eine Spur Tabak, der Wein hat Schwung und Saft, der macht einfach Freude – zu einem sehr attraktiven Tarif!