Friedrich Becker
„KB“ (Kammerberg) Pinot Noir Großes Gewächs 2021

94/100 – Falstaff
94/100 – Robert Parker Wine Advocate

Friedrich Becker macht aus alten Reben und jungem Geist einen großen Pinot Noir von aristokratischer Eleganz

Es gibt Weinberge, deren Erzählungen weit über Boden und Reben hinausgehen – der Kammerberg gehört zu ihnen. Er liegt bereits auf französischem Gebiet, neigt sich sanft nach Süden und öffnet den Blick auf das verträumte Wissembourg. Hier wurzeln Reben, die 1967 gepflanzt wurden, tief in Kalksteinverwitterungsböden, durchzogen von Lehm und Ton. Schon die Benediktinermönche, die einst in den Kammern des hiesigen Klosters ihre Weine lagerten, spürten das Besondere dieses Terroirs. Der jüngst verstorbene Friedrich Becker senior erkannte es wieder – 1965, als noch kaum jemand daran dachte, hier Wein zu machen. Der „KB“, wie der Kammerberg aus amtlicher Not heute „zensiert“ heißen muss, ist mehr als nur ein Pinot Noir: Er ist eine Erinnerung an die Kraft des Ursprungs.

Schon sein Duft zieht uns in den Bann – ein dunkles, tief atmendes Aromenspiel aus Süßkirschen und Brombeeren, umrankt von feinen Anklängen reifer Walderdbeeren, Holunderbeeren und schwarzer Johannisbeeren. Darüber schweben Noten von Rauch und Röstung, von feuchtem Laub und kühler Erde, von Moos, Trüffeln und Kräutern, die an einen stillen Herbstmorgen im Wald erinnern. Nichts wirkt aufdringlich, alles ist geheimnisvoll verwoben, beinahe kontemplativ – wie ein Burgunder, der sein Geheimnis nur zögerlich preisgibt. Am Gaumen entfaltet sich der 2021er mit jugendlicher Spannung und fast kühler Energie. Die Frucht ist klar, präzise, von Saft und Strahlkraft getragen. Reife Kirsche, vibrierende Säure – ein Spiel aus Süße und Frische, das den Wein wie von innen her leuchten lässt. Man spürt seine Vitalität, sein feines Pulsieren, das ihn lebendig hält. Die Tannine sind präsent, fein geschliffen, noch etwas unruhig in ihrer Jugend, doch von jener Eleganz, die große Pinot Noirs kennzeichnet. Sie geben dem Wein Struktur, Tiefe, Haltung. In diesem Zusammenspiel aus Dichte und Leichtigkeit, Konzentration und kühler Transparenz zeigt sich Beckers unverwechselbare Handschrift – jene seltene Balance aus Kraft und Poesie. Der Nachhall ist lang, fast meditativ. Noch zurückhaltend, aber von leiser Größe, deutet er an, wohin die Reise geht: zu einer inneren Ruhe, zu jener noblen Gelassenheit, die nur mit Zeit entsteht. Der „KB“ ist ein Wein, der keine Eile kennt. Er trägt sein Versprechen in sich – und es ist groß. Wer ihn ruhen lässt, sechs Jahre, vielleicht ein Jahrzehnt, wird mit einem Pinot Noir von seltener Ausdruckskraft belohnt, dessen Entwicklung weit über 2050 hinausreicht. Ein aristokratischer, ja zutiefst beseelter Pinot Noir – gewachsen auf historischem Boden, geprägt von der Hand eines Winzers, der versteht, dass Größe nicht laut sein muss.