Holger Koch
Chardonnay „Herrenstück“ 2024

Spricht man vom Bickensohler Herrenstück, so meint man eine 79 Hektar große Weinberglage mit unterschiedlichsten Terrassen in Südwest-, Süd- und Südostlage. Einige dieser Terrassen gehören zu den wärmsten Lagen Deutschlands. Andere, wie die, auf der Kochs Chardonnay wächst, liegen so versteckt, dass die Sonne erst am späten Vormittag über den Reben erscheint. Früher war das ein Problem, doch mit der seit Jahren zunehmenden Erwärmung diese Lage für Holger Koch immer wichtiger. „Amerika“ haben Kochs Vorfahren die Lage übrigens getauft, weil sie so weit vom Weingut entfernt ist. Denn um dorthin zu gelangen, muss man erst einmal den „Ozean“ überqueren. Die Lössböden bringen in Kombination mit kleinbeerigen Klonen alter Rebsorten einen sehr saftigen und schmackhaften Chardonnay hervor, der im Duft sogar etwas an Weißburgunder erinnert.

Seit 2017 gibt es diesen Chardonnay von Holger Koch und seiner Frau Gabriele Engesser, und er hat sich zu einem echten Markenzeichen entwickelt. Er verbindet eine französisch anmutende Eleganz mit der Bickensohler Herkunft und einem Ansatz, der Holger Kochs Weine auszeichnet: Er verwendet immer einen Anteil Chardonnay, bei dem die Trauben eine längere Maischestandzeit hatten. Im Jahr 2024 waren das sieben Prozent, die er als „Orangewein“ ausgebaut und in kleinen Mengen wieder dem Wein zugeführt hat. Das Holz – gebrauchte 400-, 500- und 600-Liter-Fässer, in denen der Wein spontan vergoren wurde und dann sieben Monate auf der Vollhefe lagerte – spielt olfaktorisch kaum eine Rolle, man schmeckt es aber ganz dezent am Gaumen: Hier entwickelt der Wein eine zarte Cremigkeit, wirkt seidig und ausgesprochen elegant. Der Chardonnay offenbart neben den für das „Herrenstück“ schon fast charakteristischen Blütennoten eine Melange von Kernobst (knackig-rezente sowie reife Birnen und Äpfel, dazu ein Hauch Quitte) sowie Agrumen (hier ausgesprochen duftige Zitrone und die würzige „Wärme“ von Limetten), Trauben und etwas Steinobst wie Aprikose und Mirabellen. Dazu etwas Zitronenmelisse, feinstes Hefegebäck und eine Kombination von Kreide, Rauch und einer Spur Sahnecrème Am Gaumen dann herrlich saftig, ein Schimmer von goldgetönter Wärme, fast Üppigkeit, der allerdings nur im Geiste stattfindet (bei Holgers Weinen eine leichte Übung: der „Assoziationsfreiflug“), denn der Chardonnay ist vor allem beeindruckend kühl und geradezu erfrischend, worauf auch die schlanken 12 Vol.-% Alkohol hinweisen. Der feinwürzige Wein baut Druck auf, wirkt am Gaumen griffig, animierend salin, sehr saftig und mundwässernd. Auch wenn über dem Chardonnay „Herrenstück“ Kochs „Drei-Sterne-Chardonnay“ und inzwischen auch die „Réserve“ thronen, ist dieser Wein aus einer etwas kühleren Lage die eigentliche Referenz. Wo sonst bekommt man einen so trinkfreudigen, saftigen und delikaten Chardonnay mit Charakter, Eleganz und Finesse in Hülle und Fülle – zumal mit so moderatem Alkoholgehalt – in dieser Preisklasse? Man müsste lange, sehr lange suchen! Aber weil ihr ihn „unseren“ schon gefunden haben: Coup de Cœur!