Saladini Pilastri, „Pregio del Conte“ IGT Marche, rosso 2019

Wie oft führt die Gewissheit, es sei auf eines Winzers Land „schon immer“ Wein angebaut worden zu Selbstverständlichkeit und der Scheu vor neuen Wegen. Die Grafenfamilie Saladini Pilastri (sie kann immerhin auf 300 Jahre Weinbautradition zurückblicken) ist dagegen schon lange zu neuen Ufern aufgebrochen und heute ein moderner und streng biologisch arbeitender Betrieb; biologisch im Wissen um die Verantwortung gegenüber der Nachwelt.

Dass nur 25 Tage auf der Maische reichen, diese unglaublich aussagekräftige Farbe zu extrahieren ist ein Wunder. Aus dunklem Rot und tiefem Violett funkelt schon bei sachtester Bewegung ein Rubin, der aus Sagen zu stammen scheint, die vielleicht sogar von Ahnen der Saladini Pilastri selbst handeln könnten. Und im wahren Sinne sagenumwoben ist dann auch, was bereitwillig von allein aus dem Glas wallt. Eine eher dunkle Welt, die der Sagen, auf Entdeckung wartend, scheint in Begleitung von hellsten Segnungen auf – ein Licht, in dem Sagengestalten nun einmal ihre übermenschlichen Taten zu vollbringen wünschen. Erd- und Gewürzwelten (Humus, Leder, Zeder, Pfeffer, getrockneter Ingwer, Zimt, Anis und Tabak) lassen die helleren Fruchtnoten (Schwarzkirsche, Brombeere, Pflaume) gerade eben hindurch. Dem hellsten Gestirn von Lilienblütenduft aber kann kein Dunkel etwas anhaben: Es strahlt einfach alles an und zwingt, das Glas nah an sich heran zu bringen.

Mag Montepulciano, die autochthone Rebsorte Mittelitaliens noch hinreichend bekannt sein (etwa als Grundlage des Montepulciano d’Abruzzo) und hierzulande einen Ruf haben, Aglianico jedoch erscheint in den Marken ausgesprochen selten (vor 2500 Jahren von den Griechen nach Italien gebracht, ist er allerdings im Süden des Landes zu Ruhm gekommen) und findet in unseren Gläsern definitiv zu selten statt. Die Cuvée ist nämlich fantastisch! Montepulciano liefert die wundervolle Farbtiefe, den Samt und Extraktreichtum – der Aglianico gibt den Körper und die Säure; also die Sagenwelt und der Held inmitten. Am Gaumen hält der Pregio del Conte zuerst einmal Spannung. Er weckt quasi den von Duft zum Träumen gebrachten Genießer auf mit seinem Salz und der Aglianico-Säure. Dann kommt dieses perfekt integrierte Tannin (24 Monate Ausbau in neuen Barriques aus französischer Eiche in seiner elegantesten Form) und befriedet alles Drängen zu Aufbruch und Aventüre. Wenn im Abgang auch eine feine, durchaus präsente Bittere mitspielt; sie geht in all diesen Gewürzen und dem Salz-Säure-Tannin Spektakel aufs Schönste auf. Eine Legende, nicht in Folianten gebunden, sondern auf Flaschen gezogen!

Ab sofort bis mindestens 2028; unbedingt mehrere Stunden vor dem Genuss öffnen.

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