Bhilar
„Phincas – Thousand Mils“ DOCa Rioja, blanco 2020

Weißer Gemischter Satz aus der Rioja – faszinierend und außergewöhnlich komplex!

92 Punkte – Robert Parker Wine Advocate

David Sampedro nannte diesen Wein einst ironisch „mil leches“ – Promenadenmischung –, eine charmante Provokation angesichts eines Regelsystems, das sich mehr für die Etiketten als den Inhalt interessiert. Die Behörden der D.O.Ca. Rioja waren seinerzeit jedenfalls „not amused“, weshalb der Name weichen musste. Nicht jedoch die Haltung. Denn was hier in Flaschen gefüllt wird, steht für gelebte Vielfalt, für Individualität und ein Ausloten aller Möglichkeiten – auch im im Weinberg.

Der „Thousand Mils“ stammt von über 50 Jahre alten biodynamisch bewirtschafteten Parzellen (Demeter-zertifiziert) in 525 bis 580 Metern Höhe rund um Elvillar, auf denen die Rebstöcke tief in kalkhaltigen Lehmböden wurzeln. Der Jahrgang 2020 stellte Winzer wie Reben auf eine harte Probe. Nach einem frühen Austrieb führten kalte, nasse Frühjahrsbedingungen, Starkregen und später Mehltau zu massiven Ertragseinbußen. Die Lese Mitte Oktober erforderte höchste Sorgfalt, jede Traube wurde von Hand selektiert. Am Ende standen gerade einmal 2.388 Flaschen auf dem Papier.

Nach traditioneller Abstich-Vergärung auf den Schalen im Betontank reifte der Wein ganze 36 Monate in 500-Liter-Fässern aus französischer Eiche – ohne Eingriffe, ohne Filtration, ohne Show. Im Glas zeigt sich der 2020er in einem intensiven Honiggold mit hellgoldenen Reflexen – dicht, leuchtend, tief. Der erste Eindruck ist eher zurückhaltend: keine laute Aromenshow, sondern leise, feine Komplexität. Es duftet nach Mirabelle, getrockneter Orangenschale, Orangenkeks und einem Hauch Blütenstaub, darunter eine Note von Rooibostee – fast meditativ.

Am Gaumen entfaltet der Wein dann seine wahre Dimension: sehr lebendig, mit klarer, feingliedriger Struktur. Die Textur ist elegant, die Aromatik komplex – Anklänge von reifer Orange, gepaart mit einer feinen Phenolik, die eine dezente, wohltuende Bitternote im Abgang hinterlässt. Die Tannine sind präsent, aber präzise eingebunden, ein Echo der langen Maischestandzeit und des behutsamen Ausbaus. Dieser Wein ist kein Orangewein fürs Spektakel, sondern ein Plädoyer für Geduld, Handarbeit und die stille Kraft der Rebe. Auch dieser Wein erinnert in Sachen Struktur und aromatischer Tiefe an einen Sherry (Manzanilla Amontillada, also das Stadium zwischen Manzanilla Pasada und Amontillado), zumal seines floralen, auch leicht salzigen Nachhalls wegen, dazu die feste Kontur und eine in sich ruhende Energie. Wer sich die Zeit nimmt, wird belohnt. Kein Kaninchen aus dem Hut, sondern ein Wein mit Tiefe, Binnenspannung, langem Atem und Geschichte.

Ab sofort bis 2035+.