
Negly
„C des Truffiers“ Vin de France, rouge
2022
Weingewordene Herrlichkeit!
Geniale Balance von vollmundiger Frucht, beeindruckender Kraft und mediterran anmutender Frische!
Wie nähert man sich einem Giganten wie diesem, der mit einer niedrigen vierstelligen (unter 4.000) Flaschenanzahl vergleichsweise rar ist und schon Höchstwertungen von allen relevanten Weinkritikern eingefahren hat? Respektvoll auf Zehenspitzen? Darum herumschleichend? Oder doch Frontalangriff – öffnen, eingießen, schwenken und schnuppern? Natürlich siegt die Ungeduld, das Verkosten ist erste Chronistenpflicht! Das Bouquet des „C des Truffiers“ (Achtung Amtsschimmel: Die Bezeichnung »Clos« ist nur für AOP-Weine zulässig, und da die Anteile der hier zum Einsatz kommenden Rebsorten nicht ganz den AOP-Anforderungen eines neu erwachten Bürokratismus’ entsprechen …) duftet gleichermaßen intensiv wie verführerisch, so jung, so kurz nach dem Entkorken: Garrigue-würzig und steinig-mineralisch, unglaublich dezent nach Vanille, Mokka und quasi „transzendentalen“ Veilchen, Brombeeren dazu ein wenig heller Virginia-Tabak. Was anfänglich noch süßlich wirkt, schlägt bald ins Animalisch-Wilde um. Auf dem Fuße folgt expressive Frucht (allerlei dunkle Waldbeeren, Brombeere und Cassis), ein super-reifer, super-sauberer „Fruchtüberschwang“ in Reinform (allemal ein großes Vergnügen!), der nichts Eingekochtes, nichts Kompottartiges hat, sondern Konzentration pur bis hin zum Brombeerlikör ist – unglaublich tiefgründig, unglaublich faszinierend!
Während man sich noch dem berauschenden Duft hingibt, entwickelt sich der Wein im Glas – Zeit für ein paar Fakten: Die Einzellage „Clos des Truffiers“ liegt auf den steinigen Terrassen bei Saint-Pargoire (eines jener bemerkenswerten südfranzösischen Runddörfer – circulades – mit knapp 2300 Einwohnern) im département Hérault. Max, der Vater des jetzigen Eigentümers Jean Paux-Rosset, hatte bereits Anfang der 1960er-Jahre die Syrah-Reben für den „Clos des Truffiers“ angepflanzt (Traubenmaterial von einigen, mittlerweile über 30 Jahre alten Grenache-Reben ergänzen die Cuvée). Deren Erträge sind ziemlich gering, gerade einmal 12 Hektoliter pro Hektar. Die Handlese findet bei optimaler Reife statt, in zwei Durchgängen werden am Sortiertisch nur perfekte, vollreife Trauen ausgewählt und vollständig entrappt. Die Mazeration erfolgt für etwa 50 Tage in 50 Hektolitern fassenden konischen Holzgärständern aus Tronçay-Eiche. Danach reift der Wein in neuen Barriques.
Am Gaumen begeistert der „Clos des Truffiers“ schon jetzt mit süßlichem Fruchtextrakt. Dem werden als Gegenspieler feinste Holznoten, perfekt integriert, zur Seite gestellt, ebenso eine enorm feine, lebendige Säureader, die sich durch den köstlichen Schmelz schlängelt. Wie wir es von Château la Négly kennen und lieben, ist das üppig und mundfüllend, aber enorm präzise und harmonisch und einfach perfekt dosiert – ein wie maßgeschneiderter Syrah-Nektar (dem, wie gesagt, eine Winzigkeit Grenache beigemengt wurde)! Ja, Tannine sind vorhanden, doch die schmelzen so seidig im Mund, dass man sehr bald anderen Facetten des Weins nachspürt. Die Hälfte des Giganten ist währenddessen ohnehin schon aus der Flasche entschwunden – heißt das, dass wir ihn geschafft haben? Oder doch er uns? Ein Rätsel, dem wir auf den Grund gehen müssen!
Dieser Wein darf noch gern 4–6 Jahre im Keller ruhen. Dann wird er sein volles Potenzial zeigen, und das sicher bis nach 2040.
Route des vins Château de la Négly
11560 Fleury d'Aude
FRANCE