Luis Pérez, „La Escribana” VT Cádiz, blanco 2021

Ist es ein Widerspruch, nach Sherry zu duften, nach Sherry zu schmecken und doch „nur“ ein „Vino de Pasto“ zu sein und lediglich über 13,5 Vol.-% zu verfügen? Nun, um ein vollwertiger Sherry zu sein, hätte dieser Wein natürlich während der Gärung alkoholverstärkt werden müssen. Doch Willy Pérez hatte anderes im Sinn. Er wollte das Beste aus der Sherry-Erzeugung mit einer gewissen Leichtigkeit verbinden. Und das ist ihm gelungen.

In den meisten D. O.s bezeichnet der Ausdruck „Vino de Pasto“ einen eher geringwertigen Alltagswein, der gerade so die Mindestanforderungen erfüllt. Mittlerweile ist es ein beliebtes und probates Mittel, deutlich bessere Weine nur noch als Tafelweine zu klassifizieren, eine besonders „vornehme“ Form absichtlichen Understatements, die häufig zum Einsatz kommt, wann immer sich ein Erzeuger keinen Deut um die jeweiligen Statuten bzw. amtlichen Richtlinien schert bzw. mit seiner Stilistik keinen Platz „an der Sonne“ findet.

De facto ist „La Escribana“ daher ein Wein aus der mit Abstand wichtigsten Sherry-Traube, dem Palomino Fino. Der steht in einem der historisch berühmtesten Weinberge des Sherry-Gebietes, dem legendären Pago Macharnudo an der südöstlichen Flanke des kaum weniger bekannten Hügels Cerro del Obispo. Das Terroir besteht aus einem besonders kieselalgen-haltigen Albariza-Boden mit rund 50%igem Kalkanteil. Dieser Bodentyp wird „Tosca de Barajuelas“ genannt. Auch die Lese erfolgte so, wie es Willy bei seinen Sherrys hält: mehrere Lesedurchgänge über zwei Monate hinweg, wobei es eine frühe Lese mit deutlich säurebetonten Trauben gibt und eine Spätlese, nach der die Trauben noch einmal rund acht Stunden in der Mittagshitze gedörrt werden – man nennt es „asoleo“ –, bevor die Trauben vergoren werden. Nach der Vergärung reift der Wein in den typischen Sherry-Fässern, den „botas“, unter einer feinen Schicht von Flor-Hefe. Flor und „bota“ sollen Einfluss nehmen auf den Wein, aber nicht zu viel, weil Willy Pérez der Einfluss des Bodens noch wichtiger ist. Es geht ihm darum, dass diese einzigartigen Böden diesen Wein formen. Tatsächlich bedingen sich hier beide Einflüsse gegenseitig. „La Escribana“ duftet nach Flor und Fenchelgrün, Heu und Ginster, Zitronensaft und Zitronenschalen, Jod und Austernschalen, weißem Tee und grünen Äpfeln, die von noch etwas unreifen Mandeln und Walnüssen begleitet werden. Das wirkt frisch und salzig wie eine Meeresbrise, zugleich erinnert es an einen Ausflug aufs Land, bei dem aus der Ferne der Duft von frischem Heu herüberweht. Am Gaumen ist das ein brillanter, klarer, heller, kräuterwürziger und jodiger Wein mit leichten Nussnoten, geriebenen Grapefruitzesten, Salzmandeln und grünen Oliven. Und genau dazu passt dieser Wein dann auch hervorragend, wenn man ihn nicht direkt zu Austern und anderen Meeresfrüchten trinken möchte.

Dieser Wein bereitet jetzt und sicher bis 2028+ Genuss.

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