
Languedoc
Terroir, Klima, Geschichte
Manchmal verlaufen Revolutionen friedlich. Wie jene Ende der 80-er Jahre im Languedoc-Roussillon. Aussteiger aus allen französischen Departements ließen sich hier nieder und brachten der Region frisches Blut. Einige unter ihnen waren beseelt von der Vision, eine völlig neue Qualitätskategorie zu schaffen: den großen Wein des Midi. Von den Erfolgen dieser visionären Weinmacher wachgerüttelt, hat es sich eine neue Generation qualitätsbesessener Söhne und Töchter von alt eingesessenen Winzern zum Ziel gesetzt, ebenfalls erstklassige, authentische Weine der Region herzustellen. Es sind experimentierfreudige, risikobereite, dabei bestens ausgebildete, enthusiastische junge Menschen, die häufig untereinander neue Methoden diskutieren und sich so gegenseitig weiterhelfen, sicherlich eine Rarität in der internationalen, von harter Konkurrenz geprägten Weinszene. Diese „Jungen Wilden” geben sich nicht mehr mit den belanglosen „Qualitäten” ihrer Elterngeneration zufrieden und nutzen stattdessen das Potential und die natürlichen Gegebenheiten ihrer Heimat zur Erzeugung wirklich großer Weine, die zum Teil schon sehr rar geworden sind auf dem Markt und zugeteilt werden müssen. Denn Kenner in aller Welt, denen es weniger auf das Etikett als auf den Flascheninhalt ankommt, wissen um die ganz erstaunlichen Qualitäten, die (von Luxuscuvées abgesehen, die aber im Idealfalle auch Weine auf absolutem Weltspitzenniveau beinhalten) zu extrem fairen Preisen offeriert werden. Kennen Sie irgendeine andere Region auf der Welt, in der in den letzten Jahren solch revolutionäre Fortschritte in der Qualität der Weine erreicht wurden? Die mancherorts gern gepflegte These, Frankreich sei zu teuer, entlarvt sich angesichts dieses einzigartigen Preis-Genuss-Verhältnisses als Klischee, dessen wahrer Kern auf wenige Prestigeweine aus den Regionen Bordeaux und Burgund reduziert werden muss. In den letzten Jahren hat auch die geradezu euphorische Berichterstattung der internationalen Weinkritiker zur sprunghaft wachsenden Popularität des Languedoc-Roussillon beigetragen. Journalisten, Sommeliers und Weinfreaks gleichermaßen pilgern in den Süden Frankreichs, diese terroirgeprägten Weine mit unverwechselbarem Charakter aufzuspüren. Doch Vorsicht ist geboten, auch im Midi ist längst nicht alles Gold, was glänzt: Die wirklich guten Winzer sind, wie überall auf der Welt, rar gesät. So dominieren auch hier noch immer viele austauschbare Allerweltsweine, immerhin stammt fast 10% der gesamten Weltweinproduktion aus dem Languedoc-Roussillon! Diese Massenweine besitzen jedoch keine authentischen Lagenqualität, ähneln sich vielmehr durch gemeinsam angewandte neue önologische Verfahren, die an den Weinuniversitäten gelehrt werden, in ihrer Stilistik immer mehr und so klafft eine große Schere zwischen einer kleinen begabten Winzerelite und ihren „Kollegen”, die auf Quantität statt auf handwerkliche Qualität und terroirgeprägte Weine setzen. Und dennoch – oder gerade erst jetzt – finden sowohl diese minderwertigen Weine als auch zu angeblichen Spitzencuvées „aufgemotzte” Prestigeflaschen großer Genossenschaften, aber auch so manchen Garagenwinzers reißenden Absatz: Wenden sich doch auch immer mehr Händler aus aller Welt dieser Region zu, das große Geschäft witternd, zumeist aber ohne Chance, noch in die Zuteilung der wirklich großen, aber raren Weine dieser Region zu gelangen und häufig genug in Unkenntnis darüber, was die authentischen Weine der Region wirklich ausmacht. Das Resultat: Es finden sich nach wilden, ungezügelten Boomjahren immer mehr stromlinienförmige Weine auf dem Markt. Zwar deutlich besser als das, was früher an untrinkbarer Plörre in dieser Region produziert wurde, aber es sind vielfach austauschbare Weine, die sich entweder an den ermüdend uniform schmeckenden Garriguearomen des französischen Südens orientieren oder an einem internationalen Weinstil, wie wir ihn nur allzu gut aus Übersee kennen – mit seiner marmeladig überreifen Stilistik ohne jeglichen Terroirbezug. Zwar wirken viele solcher hyperkonzentrierten Weine auf den ersten Blick ungeheuer eindrucksvoll und mögen weniger erfahrene Verkoster beeindrucken, doch besitzen sie eine austrocknende, massive Gerbstoffstruktur und das Terroir ist kaum noch erkennbar. Viele Liebhaber winken daher nach dem „Genuss” von ein, zwei Gläsern gelangweilt ab. Wir recherchieren jedenfalls seit Jahren ständig vor Ort, um Ihnen die anderen, die authentischen Weine anbieten zu können, die sich einerseits ihren Ursprungscharakter dank ihrer großen Lagen mit ihren zumeist sehr alten, liebevoll restaurierten Rebstöcken bewahrt haben und die sich andererseits infolge des Lernprozesses der Winzer in Textur, Mundgefühl und Struktur mit den großen Weinen der Welt messen können. Denn die Spitzenweine sind nicht wie ihre minderwertigen „Konkurrenten” geprägt durch eine mediterrane Hitze oder rustikale Gerbstoffe; sie schmecken wesentlich kühler, feiner, eleganter und finessenreicher als früher und besitzen ein größeres Aromenspektrum sowie noble, cremige, seidene Tannine. Finesse statt schierer Kraft lautet die Maxime, weg von den überextrahierten, muskulösen Monsterweinen hin zu Eleganz und Subtilität. Schmelz, Geschliffenheit, feine Frucht und Mineralität zählen für die „Wissenden” unter den Winzern mehr als Muskeln und überbordendes Eichenholz. Für den Weinliebhaber ist wichtig zu wissen, dass einige dieser „neuen” Weine, hier sei beispielhaft an die fabelhaft mineralischen Gewächse von Didier Barral erinnert, eine längere Reifephase benötigen als bisher bei südlichen Weinen gewohnt, bis sich ihre packende Mineralität und ihre ungemein feine Frucht miteinander vermählt haben und diese Weltklassegewächse ihr ganzes komplexes Aromenspektrum offen legen. So bleibt festzuhalten, dass eine neue Generation avantgardistischer Winzer im Languedoc herangewachsen ist, der es selbstbewusst um eine andere Zukunft geht: nicht um überkonzentrierte, alkoholreiche Monsterweine oder marmeladige Fruchtbomben in global kompatiblem Einheitsgeschmack, sondern, bei aller Kraft und inneren Dichte, um Frische, Finesse und Eleganz sowie ein unverwechselbares Profil und regionsspezifische Authentizität: Somit trennt sich im Languedoc – unüberschmeckbar – die Spreu vom Weizen! Zweifellos: In den letzten zehn Jahren hat sich im Languedoc (wie im Roussillon, dessen Geschichte weitgehend mit dem Languedoc identisch ist) eine klare Qualitätshierarchie herauskristallisiert. Einige wenige Spitzenbetriebe ragen meilenweit aus dem uniformen Mittelmaß heraus, die wir Ihnen, werte Kunden, ebenso anbieten wie – als Folge unserer umfangreichen Recherchen vor Ort –immer wieder neue Talente, nur wirklichen Insidern bekannt, die jedoch erstklassige Qualitäten zu extrem fairen Preisen produzieren. Und unsere Stammkunden wissen, dass die meisten der seit Jahren gerühmten und von Liebhabern gesuchten Spitzengewächse dieser Region schon seit einer Dekade fester Bestandteil unseres Programms sind, Weltklasseweine wie beispielsweise die von „La Negly”, von der „Domaine Peyre Rose” oder „Grange des Pères”. So kommen auch die erstklassigen Bewertungen unserer Weine in der Fachpresse nicht überraschend, beispielsweise als der WEIN GOURMET in seiner großen Degustation der besten Syrah aus dem Languedoc-Roussillon vier unserer Weine auf die Plätze eins, drei, vier und fünf setzte. Solche Erfolge sind uns natürlich Bestätigung und Ansporn zugleich für unsere weitere Arbeit in dieser Region. Als weitere Anerkennung unseres Engagements werten wir ferner einen großartigen Testerfolg: ALLES ÜBER WEIN stellt Pinard de Picard in einer umfangreichen Reportage zur aktuellen Entwicklung im Languedoc an die Spitze aller deutschen Weinhändler (vielen Dank für diese Einschätzung) für diese großartige Region und viele der dort angegebenen Weltklasseerzeuger, Topweine und Schnäppchen finden Sie in unserem Programm! Ein paar grundsätzliche Gedanken abschließend zum Klima im Languedoc und zu den Jahrgängen. Wir informieren Sie, werte Kunden, im Languedoc wie in den anderen Regionen der Welt, natürlich immer über die (mikro-) klimatischen Bedingungen des Jahrgangs, da diese sehr wohl die STILISTIK der Weine prägen – ob diese beispielsweise mehr von der Kraft, Dichte und Opulenz wie in 2005 oder mehr von der Frische, Feinheit und Eleganz wie in 2004 bzw. einer Melange aus beidem, wie in 2006 – getragen werden. Sie sagen aber wenig aus über die QUALITÄTEN in der Flasche, da sie die Arbeit des Winzers als entscheidenden Faktor außer Acht lassen: Verallgemeinernde Jahrgangsbewertungen haben für den Kenner weitestgehend ihren Sinn verloren. So stoßen die Weinkäufer in den aktuellen, hoch spannenden, herausragenden Jahrgängen 2004/5/6 zwar auf viele banale oder durchschnittliche Weine von Winzern, die sich selbst bzw. ihren Arbeitsstil in den letzten Jahren nicht weiter entwickelt haben, der kundige Weinliebhaber hat jedoch die Auswahl an herausragenden Alltagsweinen und absoluten Spitzengewächsen wie wohl nie zuvor in der Jahrtausende alten Weinbaugeschichte des Languedoc!
Heute reißen sich die Kenner und Liebhaber rund um den ganzen Globus um die herrlichen Tropfen des größten zusammenhängenden Weinanbaugebietes der Welt. Das kommt nicht von ungefähr. Weinbau gibt es hier schon seit Menschengedenken: Vor knapp 3.000 Jahren nahm er nahe der Küste des Mittelmeeres in Gestalt von griechischen Siedlern seinen Anfang. Die kargen Hänge und die optimalen Mikroklimata in den sonnendurchfluteten, aber auch sehr windigen Hügellandschaften bieten für den Weinanbau natürliche Bedingungen par excellence. Und so setzte …
Mehr Info » in den letzten Jahren eine entfesselte Dynamik wahrhaft historischer Dimension ein, die einmalig in Europa ist. Sie lässt sich nur noch mit der Erschließung des Burgunds durch die Zisterzienser im 12. Jahrhundert vergleichen.
Diese Entwicklung war vor gar nicht so langer Zeit noch undenkbar. Denn es ist kaum einmal 20 Jahre her, da war diese riesige Region – die sich über 300.000 ha vom Rhône-Delta im Osten bis zu den Bergriesen der Pyrenäen im Westen erstreckt, vom Südrand des Zentralmassivs bis hin zum Ufer des Mittelmeeres – die Hochburg für mediokren Land- und Tafelwein: derbe, rustikale Tropfen, alkoholreich und bäuerlich strukturiert. Noch in den späten 70er Jahren des 20. Jahrhunderts stammte von hier fast die Hälfte der gesamten französischen Weinproduktion.
Doch dann geschah, quasi über Nacht, das Wunder: Einige damals noch völlig unbekannte Pioniere des Weinanbaus – manche von Ihnen, wie beispielsweise Éloi Durrbach oder Marlène Soria, haben mittlerweile längst einen weltweiten Kultstatus erreicht – krempelten die Ärmel hoch und schufen mediterran geprägte Spitzenweine von gänzlich eigenem Charakter. Sie erkannten, welch ungenutztes Potential an hochwertigen Lagen diese einzigartige, häufig auch bezaubernd schöne Landschaft bietet und läuteten eine ungeahnte Wende ein.
Es waren überwiegend Quereinsteiger, etablierte und beruflich erfolgreiche Persönlichkeiten, die, ihrem hektischen Business überdrüssig, in dieser so reizvollen Region einen neuen Lebensabschnitt beginnen und sich voll leidenschaftlichem Enthusiasmus der Produktion hochwertiger, häufig biologisch angebauter Qualitäts-Weine widmen wollten. Sie scherten sich nicht um überkommene Traditionen und besetzten Freiräume, ohne sich Denkblockaden zu unterwerfen, rekultivierten in mühevoller Arbeit alte Rebanpflanzungen mit den traditionellen Sorten des Midi oder bepflanzten neue Lagen mit Edelrebsorten wie Cabernet-Sauvignon, Merlot oder Syrah.
Als erstes führten sie strenge Qualitätsmaximen ein: handwerkliche Bewirtschaftung der Weinberge, neue Formen der Reberziehung, penible Grünlese im Sommer, aufwendige Blattwerksarbeit, extreme Traubenselektion und rigorose Mengenbeschränkung. Sie bauten kühle, hochmoderne Kelleranlagen zum Ausbau der Weine unter optimalen klimatischen Bedingungen – von großer Bedeutung bei der sommerlichen Hitze im Midi – und begannen, den Lagencharakter der Weine, die ureigene, unverwechselbare Identität des unterschiedlichen Terroirs herauszuarbeiten. Mittlerweile berühmte Appellationen wie Montpeyroux, Minervois, Faugères oder Saint-Chinian stehen beispielhaft für diese rasante Entwicklung: Hier produzieren Spitzenwinzer singuläre Qualitäten ureigenen, unverwechselbaren Charakters.
Das Klima in dieser riesigen Weinanbauzone ist keineswegs einheitlich. Es herrschen ganz im Gegenteil innerhalb des Languedoc – insbesondere in heterogenen Jahrgängen wie 1999 und 2002 – deutlich vernehmbare Unterschiede, die als große qualitative Differenzen im fertigen Wein schmeckbar sind. Dabei gibt es sowohl erhebliche mikroklimatische Ausdifferenzierungen zwischen einzelnen Appellationen, wie beispielsweise den geographisch nahe beieinander liegenden Regionen Montpeyroux und Pic St. Loup, als auch innerhalb der einzelnen Appellationen selbst. So ertranken beispielsweise im Jahrgang 2002 die nördlich des mythischen Bergriesen gelegenen Weinberge in den sintflutartigen Regenfällen des 9. September, während Luftlinie gerade mal 20 km entfernte Parzellen südlich des Pic überhaupt nicht betroffen waren! Aus diesen mikroklimatischen Besonderheiten ergeben sich natürlich große Unterschiede in Stilistik wie Qualität, worüber wir Sie in unserem Katalog im Text zu den einzelnen Domainen ausführlich informieren.
Bei der Beurteilung von Jahrgängen ist zudem die These lange überholt, dass diese sich im Midi nicht wesentlich voneinander unterscheiden würden. Allerdings fallen sie häufig anders aus als im Bordelais (beispielsweise in 2006, der im Süden Frankreichs, und hier insbesondere für die Syrahtraube, fabelhaft ausgefallen ist), dessen Jahrgangsbeurteilungen vielen Weinliebhabern – zu Unrecht – als Orientierung für die übrigen Weinbauregionen Frankreichs oder gar anderer Länder gelten. Und neben den großen mikroklimatischen Unterschieden kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass in allen Weinbauregionen der Welt die Bedeutung der verallgemeinernden, nur vordergründig objektiven Jahrgangseinschätzungen daher zurückgeht, weil die Arbeit des einzelnen Winzers zum entscheidenden Faktor wird.
Natürlich kann ein Winzer nicht „hexen”, sondern muss mit den Gegebenheiten auch eines schwierigen Jahrganges umgehen. Doch das, was er in harter handwerklicher Arbeit daraus macht, das ist entscheidend, trennt die Spreu vom Weizen und macht deutlich, ob er denn ein wirklich Guter ist. Die Arbeit des Winzers im Weinberg (und erst in zweiter oder dritter Linie im Keller), wie das radikale Aussortieren minderwertiger, faulender Trauben, die Blattwerksausdünnung und mehrfache Handselektion optimal reifer Trauben oder eine riskant späte Lese, all solche Parameter sind maßgeblich für die Qualität eines Weins. Wurden früher, von Ausnahmen abgesehen, die Trauben viel stärker als heute ihrem Schicksal von der Blüte bis zur Lese sich selbst überlassen, besaßen daher auch zu jenen Zeiten Jahrgangsübersichten noch eine gewisse Berechtigung, so entscheidet in der heutigen Zeit mehr denn je die Weinbergsarbeit über die Qualität der Weine jedes einzelnen Winzers: Gerade die europaweit extrem heterogenen Ergebnisse in dem angeblichen Jahrhundertjahrgang 2003 zeigen deutlich die Problematik verallgemeinernder Beurteilungen. Es kommt, neben mikroklimatischen Besonderheiten (Kein Winzer der Welt könnte solchen Wassermassen trotzen, wie sie am 8. September 02 über den Parzellen von Trévallon niedergegangen sind, so dass Éloi Durrbach den gesamten Jahrgang deklassierte), immer entscheidend darauf an, in vermeintlich großen wie in schwierigen Jahren, wie der Winzer auf die spezifischen Herausforderungen des Jahrgangs in seinen Parzellen reagiert. Zum entscheidenden Parameter wird dem zufolge die handwerkliche Arbeit und die individuelle Kunst des Winzers!